Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Nordstern

Kirche in einem kirchenfernen und multikulturellen Umfeld

„Wir sind in Stadtbezirken unterwegs, in denen Kirche für viele Ansässige, die um ihr tägliches Durchkommen kämpfen müssen,  sehr fern geworden ist“, sagt Pfarrer Manfred Griesbeck. Er ist leitender Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Nordstern mit den Kirchengemeinden Zur Heiligen Dreifaltigkeit in Rot, Zum Guten Hirten in Stammheim mit der italienischen Gemeinde Buon Pastore, St. Laurentius in Freiberg mit der portugiesischsprachigen Gemeinde Nossa Senhora de Fatima sowie St. Antonius in Zuffenhausen, zu der auch eine koreanische Gemeinschaft gehört. In St. Antonius hat auch die Priesterbruderschaft St. Petrus ihren Sitz und feiert dort ihre altrituelle Liturgie. In allen Stadtteilen ist die Fluktuation der Bewohner sehr hoch, der Migrantenanteil wachsend und es ist schwierig, Jugendliche für die Kirche zu motivieren.

Internationales Mittagessen und Predigtreihen

Dennoch bemühen sich die Kirchengemeinden, Angebote für Kontakte und Begegnungen zu machen. Persönliche Gespräche und Besuche sind sehr wichtig. Ebenso gut gestaltete Gottesdienste, in denen die Lebenssituation der Menschen zu Wort und ins Gebet kommt, vertieft durch Predigtreihen zu aktuellen Themen, die die Menschen bewegen. Familien, Kinder und Alleinerziehende werden gezielt angesprochen und zum Gottesdienst mit Brunch geladen. St. Antonius lädt zu einem internationalen Mittagessen ein. Der Weltladen ist ein Treffpunkt für Menschen aus allen Stadtvierteln. Die Hospizgruppe betreut Sterbende und ist eine große Unterstützung für Angehörige.

Ein Besuchsdienst im Wohnviertel  

Zum Guten Hirten in Stammheim ist eine Nachkriegsgemeinde, die zunächst von deutschen Flüchtlingen geprägt wurde, ab den 1960er Jahren dann von Arbeitsmigranten aus dem Oberland und Südeuropa. Bis heute ist die Gemeinde stolz auf die Katholische jungen Gemeinde (KjG) mit ihrer vitalen Jugendarbeit. Der Wohnviertelbesuchsdienst wendet sich an alle, unabhängig von Kirchenmitgliedschaft, Herkunft und sozialem Status. Genauso wie das regelmäßig stattfindende Hirtenbistro. Der Kirchenchor, der auf hohem Niveau singt, ist ein starkes gemeindebildendes Element. Mit zwei Kitas bietet die Gemeinde eine christlich geprägte Pädagogik an.

Kulturell vielschichtige Situation

Die Gemeinde Zur Heiligen Dreifaltigkeit in Rot wurde in den 1950er Jahren von Vertriebenen aus  Donauschwaben und Schlesien gegründet. Heute spiegelt sich unter ihren Mitgliedern der Wechsel aus einer relativ homogenen in eine kulturell vielschichtige Situation wider. Das engagierte Bemühen um Familien und regelmäßige Brunchangebote tragen dem Rechnung. Die Gemeinde pflegt eine enge Verbindung zu den Bewohnern des Caritas-Altenheimes Adam-Müller-Guttenbrunn. Und sie kümmert sich mit anspruchsvollen Angeboten um ihre Senioren.  

Von starkem demografischen Wandel geprägt

St. Laurentius in Freiberg ist in den 1970er Jahren zusammen mit dem Stadtteil gegründet worden. Er hat in den vergangenen Jahrzehnten einen starken demografischen Wandel zu Lasten des kirchlichen Lebens erfahren. Die Laurentiusgemeinde versucht, in einem kulturell und religiös heterogenen Umfeld und in ökumenischer Verbundenheit mit den evangelischen Kirchen einen guten Weg zu finden. Ein Anliegen der Gemeinde ist es, die Kontakte zur Mobilen Jugendarbeit zu verstärken und Familien anzusprechen. Mit dem Kirchenchor St. Laurentius und seinen Auftritten gelingt es ihr, über die regionalen Grenzen hinaus Menschen zusammenzuführen. Eine Gebetsgruppe lädt jeden Abend zur Feier des Stundengebetes in die Kirche ein.

Die Gemeinden unserer Gesamtkirchengemeinde legen großen Wert auf ihre Eigenständigkeit und ihr Profil.

Manfred Griesbeck, Leitender Pfarrer
Interview mit Pfarrer Manfred Griesbeck

„Wir versuchen, in einem ökumenischen Miteinander einen Dialog zu entfalten“

Was ist das Besondere an Ihrer Gesamtkirchengemeinde?

Kirche hat für die Bewältigung und Gestaltung der Lebenswirklichkeit vieler Menschen hier vor Ort abnehmende Relevanz. Die klassischen Angebote wie Gottesdienst, Katechesen und Kasualien werden auch von Fernstehenden am ehesten wahr- und angenommen. Die Kirchengemeinden im Stuttgarter Norden befinden sich einerseits in einem stark säkularen, andererseits zunehmend muslimisch geprägten Umfeld. Wir versuchen, in einem ökumenischen Miteinander unter Einbezug muslimischer Moscheegemeinden und anderer nichtchristlicher Religionsgemeinschaften einen Dialog zu initiieren und zu entfalten.

Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit?

Ich habe für meine Tätigkeiten viele Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten, die ich kreativ nutzen kann, allerdings mit zunehmenden Einschränkungen durch den Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Pastorale Arbeit ist immer zeitintensiv. Ich feiere gerne die Liturgie. Die Vorbereitungen zur Predigt bereichern mich selber. Im Ganzen habe ich das Gefühl, meiner Arbeit und meinem Leben Sinn geben zu können. Ich stehe weniger unter Leistungsdruck als Menschen in anderen Arbeitsverhältnissen. Dass trotz aller Bemühungen die Botschaft der Kirche gesellschaftlich immer weniger nachgefragt wird, bedrückt mich ebenso sehr wie die zunehmende Bürokratisierung und Zentralisierung in den kirchlichen Verwaltungsstrukturen.

Wie funktioniert das Zusammenleben unter dem Dach Gesamtkirchengemeinde?

Die Gemeinden legen großen Wert auf ihre Eigenständigkeit und ihr Profil. Dem ist die Gesamtkirchengemeinde untergeordnet. Sie wird als organisatorische Einheit verstanden, in der Zusammenarbeit in den Bereichen der Gremien, der Katechesen und teilweise der Pfarrbüros und kirchenmusikalischer Angebote sinnvoll sein kann. Einmal im Jahr feiern wir einen gemeinsamen Gottesdienst der Gesamtkirchengemeinde. Der Blick über den Kirchturm hinaus ist oft hilfreich. Dennoch stellen sich die Gemeinden die Frage, ob die Strukturveränderungen tatsächlich ein Aufbrechen im Glauben initiieren können. Dass das Projekt „Aufbrechen“ pastoral zu einer Beschleunigung des Abbaus der Kirchengemeinden beiträgt, wird von vielen nicht bezweifelt. Es könnte sein, dass die Strukturveränderungen jenes Problem verschärfen, das sie lösen wollen.

Welche Bedeutung hat Kirche in Ihren Stadtbezirken?

Wir versuchen als Kirche Präsenz zu zeigen in den drei Stadtbezirken. Es gibt Interesse und Offenheit der Kommunalpolitiker, aber auch von Vereinen und Schulen gegenüber der Kirche. Dabei werden dem Pfarrer, pastoralen Mitarbeitern und Vertretern der Kirchengemeinden keine Vorschusslorbeeren mehr gegeben. Wir müssen unsere Akzeptanz begründen. Aber das ist auch gut so.

Gibt es einen Leitsatz aus der Bibel für Ihre GKG oder einen Heiligen, der für Ihre GKG Vorbild ist?

Ehrlich gesagt: Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht.

Stuttgart-Nordstern

Leitender Pfarrer Manfred Griesbeck
Zentrales Pfarrbüro St. Antonius; Markgröninger Straße 35; 70435 Stuttgart

Tel.: 0711 98 79 38-0
Fax: 0711 98 79 38-29
E-Mail: pfarramt@stuttgart-nordstern.de

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