Die vier katholischen Gemeinden im Stuttgarter Osten wären am liebsten noch viel enger zusammengerückt und zu einer Gemeinde fusioniert, das jedoch wollte die Diözese nicht. Entstanden ist deshalb im Januar 2016 die Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Ost mit rund 10.000 Katholiken, die sich auf die beiden großen Gemeinden St. Nikolaus und Herz Jesu und die beiden kleinen Gemeinden Heilig Geist und Bruder Klaus von Flüe verteilen. „Im Osten ist früh schon die Erkenntnis gereift, dass es in einer Zeit, in der die Kirchenbindung nachlässt, Sinn macht, die Kräfte zu bündeln“, stellt Pfarrer Hans Georg Schmolke fest. Deshalb wird in Stuttgart-Ost die Gründung der Gesamtkirchengemeinde auch jedes Jahr mit einem größeren Fest gefeiert. Zusammen begangen wird auch das Kirchweihfest und sogar schon seit den 1950er Jahren die Fronleichnamsprozession.
Von den vier Ostgemeinden ist St. Nikolaus die älteste, gebaut ab August 1895 von Baurat Ulrich Pohlhammer, geweiht von Bischof Paul Wilhelm von Keppler kurz vor der Jahrhundertwende im Jahr 1899. Die Kirche brannte im Krieg aus und wurde in ihrer heutigen Form wiederaufgebaut. St. Nikolaus ist die Gemeinde, in der viele Veränderungen zu sehen sind. Seit 2016 hat das Jugendpastorale Zentrum YouCh seinen Sitz nur wenige Meter von der Nikolauskirche entfernt in der Landhausstraße 67. Die Kirche soll in den nächsten Jahren zu einer Jugend- und Gemeindekirche umgebaut werden – unter Beteiligung der Jugendlichen und der Gemeinde. Zur Gemeinde gehört ein Kirchenchor, die Elisabethenfrauen machen Geburtstagesbesuche und es gibt eine katholische Bibliothek, die eng mit dem Kinderhaus kooperiert.
In Herz Jesu, der zweiten großen Gemeinde im Stuttgarter Osten, hat sich genauso wie in Heilig Geist eine gut angenommene Familienarbeit etabliert. Die Familiengottesdienste in Herz Jesu sind gut besucht, beim anschließenden Kirchcafé tauscht man sich aus. In Heilig Geist laden die katholische und evangelische Kirche gemeinsam zur Familienkirchenzeit, die vor allem bei gemischt konfessionellen Paaren beliebt ist. Ihre Anhänger haben auch der Projektchor Herz Jesu und die gemeindeeigene Bücherei. Die Seniorenkreise und deren Ausflüge in St. Nikolaus und Herz Jesu sind immer gut besucht.
In Bruder Klaus, der kleinsten Gemeinde im Osten, ist nur noch eine kleine einheimische Gemeinde geblieben. Die Kirche und die Gemeinderäume aber werden von den ungarischen Katholiken rege genutzt, die ebenfalls zur Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Ost gehören und deren Einzugsgebiet sich bis zum Bodensee und nach Heilbronn erstreckt. Die vietnamesische Gemeinde mit ihrem Hauptsitz in Reutlingen trifft sich zu Gottesdiensten in der Herz-Jesu-Kirche und zu Sprachkursen und Festen im dortigen Gemeindehaus.
Das Katholische ist für mich bunt und hat einen weiten Horizont.
Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit?
An meiner Arbeit schätze ich die Vielseitigkeit und die Gestaltungsmöglichkeiten. Was die Vielseitigkeit angeht, so denke ich an die Kontakte zu Menschen verschiedenen Alters und Herkunft. Da kommen viele Lebenswelten, Sichtweisen und Lebensformen zusammen. Das ist spannend und bunt. Das Katholische ist für mich bunt und hat einen weiten Horizont. Vielseitig sind auch meine Arbeitsformen, angefangen bei direkten Gesprächskontakten über Liturgische Feiern, die Arbeit in Gremien, Besprechungen im Team, bis hin zur Arbeit am Schreibtisch und dann eben auch Zeiten der Stille mit persönlichem Gebet und Bibellektüre. Bei all dem gibt es bewährte Formen. Aber es gibt auch viel Freiräume, die kreativ gefüllt werden können, etwa bei der Erstkommunionvorbereitung, der Taufvorbereitung oder auch bei der Gestaltung der Kirchenräume zusammen mit den Mesnern.
Welche Bedeutung hat Kirche im Stuttgarter Osten?
Kirche steht nicht mehr im Mittelpunkt. Wir führen eher ein Randdasein in unserem Stadtbezirk. Viele nehmen uns gar nicht wahr, für andere ist es gut, dass wir da sind und zu unseren Gottesdiensten und dem kirchlichen Leben einladen. Schöne Beispiele sind der Martinsumzug im Klingenbachtal oder die Krippenfeiern an Weihnachten. Und für bestimmte Menschen sind wir ganz wichtig, sie haben ihr Zuhause in der Gemeinde gefunden. Für die Kinder und die Familien im Stuttgarter Osten sind unsere Kitas ein wichtiger Bezugspunkt. Und auf den Einsatz unserer Caritas-Sozialstation verlassen sich viele ältere Menschen. Allgemeiner formuliert sind unsere Kirchen Orte der Zuflucht und der Stille in einer hektischen und lauten Stadt und sie sind Orte der Gemeinschaft und der Feier des Lebens in den Gottesdiensten. Außerdem sind es markante Gebäude, an denen man sich orientieren kann. Unsere Glocken hört man weit. Auch unsere Kirchenuhren haben so eine Funktion, wenn sie richtig gehen. Aus den Quartieren Gablenberg, Gaisburg, Ostheim und am Stöckach sind unsere Kirchen nicht wegzudenken, sie gehören fest zum Stadtbild.
Wie funktioniert das Zusammenleben unter dem Dach der Gesamtkirchengemeinde?
Zu unserer Gesamtkirchengemeinde gehören vier Gemeinden mit eigenem Gepräge und unterschiedlichen Traditionen, dazu kommt dann in unserer Seelsorgeeinheit noch die Ungarischen Gemeinde, die in Bruder Klaus beheimatet ist. Mit der Jugendkirche Youch in St. Nikolaus erleben wir in einer unserer Gemeindekirchen einen spannenden Aufbruch mit Jugendlichen. Das alles ist bereichernd und manchmal auch mit Spannungen verbunden, doch es klappt gut und wird von allen geschätzt. Wir haben uns vorgenommen, noch mehr voneinander zu erfahren und noch mehr miteinander zu feiern.
Wie kann Kirche in den Stadtbezirk hinein wirken?
Für uns im Stuttgart Osten ist die Ökumene mit den evangelischen Kirchengemeinden wichtig und zentral. Gemeinsam können wir viel einbringen in den Stadtbezirk. Unsere Kirchen und Gemeinden stehen für die christliche Botschaft vom Heil und der Erlösung. Sie sind wie Brunnen und führen von der Oberfläche in die Tiefe zu klaren, lebensspendenden Quellen: dort findet sich die Botschaft von der Zuwendung und Liebe Gottes, vom Sieg des Lebens über den Tod und von der Nächstenliebe.
Gibt es einen Leitsatz aus der Bibel oder einen Heiligen, der für Ihre GKG Vorbild ist?
Einen solchen Leitsatz haben wir bisher in unserer Gesamtkirchengemeinde noch nicht bestimmt. Bei der Klausur in unserem Pastoralteam haben wir unsere Überlegungen unter die Überschrift gestellt: Was würde Jesus tun? Im Gesamtkirchengemeinderat haben wir das aufgegriffen und weiterentwickelt. Insofern ist die Frage "was würde Jesus tun?" für uns schon zu einer Leitfrage geworden. Antworten finden wir in der Lebenspraxis Jesu, wie sie in den Evangelien bezeugt wird. Daran wollen wir uns immer wieder neu ausrichten.
Leitender Pfarrer Josef Laupheimer
Pfarrbüro Herz Jesu
Schurwaldstraße 3, 70186 Stuttgart
Leitender Pfarrer Josef Laupheimer
Pfarrbüro Heilig Geist
Boslerstraße 1, 70188 Stuttgart
Leitender Pfarrer Josef Laupheimer
Pfarrbüro St. Nikolaus
Landhausstraße 65, 70190 Stuttgart
Leitender Pfarrer Josef Laupheimer
Pfarrbüro Bruder Klaus von Flüe
Schurwaldstraße 3, 70186 Stuttgart
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