Kooperation Gemeinde-Caritas

Ein Zelt auf dem Kirchplatz wärmt nicht nur die Obdachlosen

Für Menschen, die obdachlos sind, für diejenigen, die wenig Geld haben, ist dieser Corona-Winter besonders schlimm. Viele Orten, an denen sie Hilfe finden, müssen geschlossen bleiben oder können nur eingeschränkt Unterstützung anbieten. Dazu zählt auch die Olgastraße 46, die Tagestätte für Obdachlose des Caritasverbandes Stuttgart, die nur noch Essen to go, aber keinen Aufenthaltsraum mehr anbieten kann. Die Mitarbeiterinnen der Tagesstätte haben bei der Gemeinde St. Georg angeklopft, die ihre Türen aufgemacht hat. Seit Dezember bekommen Obdachlose und Menschen mit wenig Geld in einem Zelt auf dem Kirchplatz Essen und ein wenig Wärme.

© Danjiel Gribic

Ein alter Mann kommt gegen 12 Uhr in den Innenhof hinter der Kirche St. Georg in der Heilbronner Straße in Stuttgart. Er hat eine Stofftasche unterm Arm und stellt sich geduldig in die kleine Schlange von Menschen vor dem Tisch, hinter dem Gabriele Großhans und Dilek Sagim stehen und Gläser mit Eintopf verteilen. Dazu gibt es Tee, ein wenig Obst und manchmal bringen Spender auch etwas Süßes vorbei zum Nachtisch. Der alte Mann ist an der Reihe und nimmt sein Glas mit Essen entgegen. „Darf ich auch was für meine Frau mitnehmen?“, fragt er und bekommt dann natürlich noch ein zweites Essen. Er steckt beides in seinen Stoffbeutel und geht wieder, andere Gäste nutzen die Bänke im Zelt, das kurz vor Weihnachten im Innenhof von St. Georg aufgestellt wurde und in dem Gasstrahler für ein wenig Wärme in diesem kalten Winter sorgen.

Hilfe für Menschen in Not als Auftrag der Kirche

Für Menschen, die obdachlos sind, ist dieser Corona-Winter besonders schlimm.  Auch in der Olgastraße 46 hat Corona zu vielen Einschränkgungen geführt, auch hier können die Menschen nicht mehr im gemütlichen Aufenthaltsraum sitzen und Essen gibt es nur noch „to go“. Schon im Herbst, als es draußen noch mild war, dachten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Olgastraße daran, wie sie für die Menschen Orte finden können, an denen ein bisschen Wärme zu finden  und trotz aller Distanz-Gebote ein wenig Kontakt möglich sein könnte. In der Kirchengemeinde St.Georg stieß der Hilferuf auf offene Ohren: „Für mich war das fast wie ein Geschenk, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Olgastraße auf uns zugekommen sind“, sagt Christine Göttler-Kienzle, Gemeindereferentin in St. Georg. Kirche ist neben Verkündigung und Liturgie eben auch Caritas: die Hilfe für Menschen, die in Not sind und Unterstützung brauchen.

Orte schaffen, an denen Begegnung möglich ist

Die Zusammenarbeit zwischen dem Caritasverband und der Kirchengemeinde zu fördern, ist eine Herzensangelegenheit von Christine Göttler-Kienzle. Dabei geht es ihr auch darum, Orte zu schaffen, an denen Begegnungen möglich sind. Und das ist, so ihre Erfahrung, nicht nur in Corona-Zeiten eine Herausforderung. Viele Menschen, auch in der Gemeinde, hören von Armut, sehen im Vorübergehen obdachlose Menschen auf der Straße - aber Kontakt haben sie nicht. Christine Göttler-Kienzle kann sich deshalb auch gut vorstellen, dass Ehrenamtliche aus der Gemeinde nun bei der Essensausgabe helfen, dass in der Gemeinde über diese Initiative hinaus auch noch weitere Ideen entstehen können, auch wenn Corona unseren Alltag nicht mehr bestimmt.

Platz vor der Kirche erleichtert es, Hilfe in Anspruch zu nehmen

Nach den ersten Tagen im Hof von St. Georg sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Olgastraße, neben den Gästen, die regelmäßig in die Tagesstätte kommen, nun auch neue Gesichter. Falko Freund, Einrichtungsleiter aus der Olgastraße, beobachtet seit dem Beginn der Pandemie, dass die Zahl der Menschen, die in der Olga nach Hilfe suchen, zunimmt. Und die Not auch in Kreise vordringt, die bislang sich noch selbst helfen konnten. Manche Rentnerin, manch Rentner, die sich mit Flaschen sammeln etwas dazu verdient haben, sind nun auf ihre kleine Rente angewiesen – für viele, zu wenig zum Leben. Zum Zelt an der Kirche kommen vielleicht auch Menschen, die nicht in die Olga 46 kommen – der Platz an der Kirche kann auch Hemmschwellen senken.

Die Gespräche und das Essen wärmen

Falko Freund ist froh darüber, dass sich über die ganze Stadt ein stabiles Hilfenetz spannt: Von der in diesen Tagen beginnenden Vesperkirche, bis hin zur Versorgung an der Paulinenbrücke bei der Kirche St. Maria und nun auch in St. Georg haben die Menschen verschiedene Möglichkeiten, Unterstützung zu bekommen. Das Netz soll auch verhindern, dass die Menschen in Corona-Zeiten sich nicht zu viel in der Stadt bewegen müssen. Es ist kalt in diesen Tagen, die Menschen, die hier helfen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus der Olgastraße, die ehrenamtlichen jungen Menschen, die ihr soziales Jahr machen, bekommen jetzt einen Pavillon, der sie ein wenig schützt. Im Zelt nebenan, wo gegessen wird, haben an den drei Bänken zwölf Menschen Platz. Die Heizstrahler wärmen, das Essen und auch die Gespräche, die man hier führen kann, tun gut.

Das Projekt hat schon jetzt viele Unterstützer

Das Projekt wird unterstützt vom Lions Club Fontana, der Stiftung L(i)ebenswert der PSD-Bank, von der Firma Ritter Sport aus Waldenbuch, der Kirchengemeinde St.Georg und der Polizei Stuttgart, die nachts nach den Zelten schaut.

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