Welche Bedeutung hat Kirche in Ihrem Heimatland Peru?
Kirche ist in Peru allgegenwärtig. Das fängt schon an den Sonntagen an. In meiner Heimat werden sonntags in jeder katholischen Kirche sechs Messen gefeiert: um 8 Uhr, um 9 Uhr, um 10.30 Uhr für die Kinder, um 11 Uhr und um 12 Uhr. Dann essen alle gemeinsam zu Mittag. Um 18 Uhr ist dann nochmals Gottesdienst. Die Menschen sind ungeheuer hilfsbereit. An Feiertagen legen alle zusammen, es wird gemeinsam gekocht und gegessen und auch wer nicht viel hat, trägt etwas bei. Das ist ein wunderbares Gemeinschaftsgefühl.
Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass Leo XIV., der lange in Peru gelebt hat, zum neuen Papst gewählt wurde?
Es war ein unbeschreibliches Gefühl! Als ich seinen Namen hörte, verspürte ich einen riesigen Stolz – als hätte Peru die Fußballweltmeisterschaft gewonnen. Auf den Straßen feierten die Menschen mit Fahnen und Umarmungen. In Chiclayo, seiner früheren Diözese, füllte sich die Kathedrale mit dankbaren Gläubigen. Ja, es war eine totale Überraschung: Niemand hatte erwartet, dass ein Kardinal mit so tiefen Wurzeln in unserem Land zum Papst gewählt würde. Aber für uns, die ihn hier arbeiten sahen, war es ein Geschenk Gottes. Ein peruanischer Papst macht mich stolz.
Haben Sie Erinnerungen an die Zeit, als Papst Leo XIV. Bischof in Peru war? Was machte ihn besonders?
In Chiclayo war sein pastorales Zentrum. Ich habe ihn als einen Menschen wahrgenommen, der in großer Not zur Stelle war. Als Bischof besuchte Robert Francis Prevost überflutete Gebiete, half beim Wiederaufbau – ohne Eskorte, mit Gummistiefeln – ein Zeichen seines einfachen Stils. Wahrgenommen habe ich ihn zudem als Geistlichen, der für ökologische und soziale Innovation steht, der eine Kommission für ganzheitliche Ökologie unter Leitung einer Frau einrichtete und der Umweltprojekte in gemeinsamer Leitung durch Laien förderte. Auch in Krisenzeiten war er aktiv. Während der Proteste 2023 kritisierte er die Repression und forderte, den Opfern zuzuhören. Seine Haltung führte dazu, dass er von allen Seiten als Vermittler respektiert wurde.
Papst Leo XIV. hat sein starkes Engagement für soziale Gerechtigkeit angekündigt. Welche sozialen Themen sind Ihnen besonders wichtig?
In Peru sind Armut, Korruption und Ungleichheit dringende Themen. Ich hoffe, dass Leo XIV., der unsere Realität kennt, sich für den Schutz von Migranten und Arbeitern einsetzt, wie er es als Missionar in ländlichen Gebieten getan hat. Ich wünsche mir außerdem, dass er für eine ganzheitliche Ökologie einsteht und sich wie sein Vorgänger Franziskus gegen den Klimawandel und für die Schöpfung engagiert. Ich vertraue zudem darauf, dass er seine weltweite Stimme nutzt, um Ungerechtigkeiten anzuprangern.
Welche Hoffnungen haben Sie für die kommenden Jahre für eine Kirche unter Führung von Leo XIV.?
Ich glaube, es wird eine vereinte und menschlichere Kirche sein. Leo XIV. ruft dazu auf, eine Gemeinschaft ohne ideologische Spaltungen aufzubauen, die sich auf brüderliche Liebe konzentriert. Ich hoffe, dass er Missbrauch bekämpfen wird. In Peru hat der Missbrauchsfall um Luis Fernando Figari, dem Gründer der peruanischen Gesellschaft für geweihtes Leben „Sodalitium Christianae Vitae“ tiefe Wunden hinterlassen. Der Papst muss für Transparenz sorgen und die Wunden der Opfer heilen. Meine größte Hoffnung ist, Leo XIV. bald Peru besuchen wird, Präsidentin Boluarte jedenfalls hat ihn bereits eingeladen. Es wäre ein Segen, ihn wieder durch den Schlamm von Chiclayo gehen zu sehen – und der Welt zu zeigen, dass man den Glauben mit den Füßen auf der Erde lebt. Möge der Herr seine Schritte leiten!
Sollte Papst Leo XIV. Peru besuchen, werden Sie dann in Ihr Heimatland fliegen?
Rom liegt für mich im Moment viel näher. Ich war vor einigen Jahren mit den Scalabrinis in Rom und habe Papst Franziskus erlebt. Vielleicht wird es wieder eine Romreise mit der Glaubensgemeinschaft zum neuen Papst geben. Da bin ich dann gerne wieder dabei.