Am Sonntag, 18. November, hat Silke Jourdan die ersten drei Kinder in der Liebfrauenkirche in Bad Cannstatt getauft. Es waren keine Neugeborenen mehr, die die Taufe empfangen haben, sondern Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren, denn beide Familien haben gewartet. Sie stehen über die Familiengottesdienste, die Kitas und die Erstkommunionvorbereitung ihrer älteren Kinder schon lange in Kontakt mit der Theologin. „Es war der Wunsch beider Familien, dass ich ihre jüngsten Kinder taufe“, erzählt die Pastoralreferentin. Und auch für Silke Jourdan selbst ist der Schritt richtig und wichtig: „Ich habe schon in vielen Fällen die Taufvorbereitung übernommen, nur die Taufe selbst war mir nicht erlaubt. Umso mehr freue ich mich jetzt auf alle künftigen Taufen.“
Die vier Stuttgarter Theologinnen haben in den vergangenen Monaten den Qualifizierungskurs der Diözese Rottenburg-Stuttgart besucht. Sie haben eine kirchenrechtliche und eine liturgische Einführung bekommen und praktische Handreichungen aus dem Kurs mitgenommen. Am 8. November erfolgte die Beauftragung durch Bischof Gebhard Fürst im Rottenburger Dom. Was für Christine Göttler-Kienzle, die Taufe zu etwas so Besonderem, macht ist das Wissen, dem Kind Gottes Segen mit auf den Lebensweg zu geben: „Selbst in schwierigen Zeiten vermitteln wir, das Kind ist gehalten und ein Leben lang mit Gott verbunden. Der Täufling ist geliebt und angenommen, nicht nur als Kind seiner Eltern, sondern auch als Kind Gottes. Das ist auch für die Eltern ein entlastender und beruhigender Gedanke.“ Die Gemeindereferentin hat ebenfalls am 18. November das erste Kind getauft.
Taufwasser, Chrisamöl und Taufkerze dürfen nicht fehlen
Was zur Taufe gehört, erklärt die Gemeindereferentin Monika Koch aus der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-West: Da ist zunächst einmal das Wasser, das vorsichtig über den Täufling gegossen wird, sowohl als reinigendes, belebendes, tragendes und lebensnotwendiges Element als auch als das sinnliche Zeichen des Taufsakramentes. Ebenfalls zur Taufe gehört die Salbung mit dem heiligen Chrisamöl, das Anlegen des Taufkleides und das Entzünden einer Taufkerze am Feuer der Osterkerze. „Es ist wichtig vor der Taufe gemeinsam mit den Eltern zu schauen, welcher Taufspruch und welche biblische Geschichte passt zu ihnen und ihrem Kind“, sagt Monika Koch. Sie wird in den nächsten Wochen drei Kinder taufen, bei denen schon die Erstkommunion ansteht. „Ich freue mich, dass ich die Familien bei der Taufe und dann bei der Erstkommunion begleiten darf.“
Ein Anstoß für das ganze Pastoralteam
In der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Ost hat sich das gesamte Pastoralteam gemeinsam die Tauforte angeschaut und überlegt, was in der Vorbereitung und bei den Taufen selber für die Eltern, den Täufling und die Angehörigen verändert und verbessert werden kann. „Die Beauftragung hat bei uns im Team etwas in Gang gesetzt“, erzählt die Pastoralreferentin Mechthild Carlé, die sich bereits seit vielen Jahren um die Familienarbeit im Stuttgarter Osten kümmert, zu der Familiengottesdienste genauso wie die Vorbereitung auf die Erstkommunion gehören. Schon jetzt steht fest, dass einmal im Jahr ein Familiengottesdienst für alle Familien angeboten wird, die ein Kind haben taufen lassen. „Die Eltern haben dann Gelegenheit, sich auszutauschen und zu vernetzen“, sagt Mechthild Carlé.
Bei den Taufnachmittagen können sich Eltern austauschen
Auch in der Gesamtkirchengemeinde (GkG) Stuttgart-Neckar ist durch die neuen Regelungen zur Taufspendung viel in Gang gekommen. So bietet das Pastoralteam gemeinsame Taufnachmittag zur Vorbereitung an, an denen sowohl Silke Jourdan als auch die beiden Pfarrer der GkG mitwirken. „Wir haben gemerkt, dass der Austausch für die Eltern wichtig ist“, so die Theologin. Schon jetzt sind die nächsten Tauftermine auf der Homepage der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Neckar zu finden, versehen mit dem Namen der Taufspenderin oder des Taufspenders.
Stadtdekan: wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung
Für Stuttgart Stadtdekan Christian Hermes ist die außerordentliche Beauftragung ein Schritt zu mehr Gleichberechtigung, dem weitere Schritte folgen müssen: „Aus Stuttgart werden vier ganz großartige, geistlich und seelsorgerlich erfahrene pastorale Mitarbeiterinnen ausgebildet und beauftragt. Ich habe das sehr unterstützt, wie mir überhaupt die - hoffentlich erleben wir es noch - vollständige Gleichberechtigung als Ausdruck der gleichen Würde in unserer Kirche am Herzen liegt. Aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass heute jede Taufe nicht nur ein formales Ritual, sondern ein pastoraler Weg mit der Familie ist, der besondere Aufmerksamkeit braucht und verdient.“
Zum Hintergrund:
In der Diözese Rottenburg-Stuttgart haben 26 Gemeindereferent/innen und Pastoralreferent/innen den Qualifizierungskurs absolviert. Sie alle wurden am 8. November beauftragt. Voraussetzung für eine Bewerbung war, dass die Theologinnen und Theologen mehr als sieben Jahre im aktiven Dienst und mehr als 50 Prozent angestellt sind. Weitere Qualifizierungskurse sollen folgen.
Anmeldungen zur Taufe
Der erste Schritt ist die Anmeldung beim zuständigen Pfarramt. Dabei wird das Original der Geburtsurkunde oder eine beglaubigte Abschrift benötigt. Der Taufe von Kindern geht ein Vorbereitungsgespräch oder ein Taufkurs mit der Taufspenderin oder dem Taufspender voraus. Die Taufe wird in einer eigenen Tauffeier oder innerhalb eines Gottesdienstes gefeiert, je nachdem auch mit anderen Familien zusammen. In manchen Gemeinden finden die Taufen an festgelegten Terminen statt, ansonsten nach Vereinbarung.
Medienecho
Hier finden Sie einen Beitrag des SWR über die erste Taufe von Silke Jourdan in Stuttgart.
Silke Jourdan im Interview mit dem Domradio