Es ließ ein wenig an die Atmosphäre bei einem Sommernachtskino denken: Liegestühle, Sitzkissen und Decken waren im Innenhof von St. Georg platziert, mehr als 100 Frauen hatten sich dort versammelt. Sie wurden mit Musik, Texten und Impulsen durch den Abend begleitet. Alles stand unter der Überschrift „Lebensträume“.
Ein fiktiver Monolog Maria Magdalenas
Seinen Träumen und sich selbst treu zu bleiben, das war die Botschaft an die Teilnehmerinnen zu Beginn des Gottesdienstes, eindrücklich geschildert in einem fiktiven Monolog der Apostelin Maria Magdalena, deren Namenstag an diesem Tag (22. Juli) gefeiert wurde: „Jesus ruft mich als Frau in einer Gesellschaft in der die Männer das Sagen haben und die Frau am besten schweigt. Trotzdem hatte ich in der frühen Gemeinde eine hohe Stellung. Den Menschen war sehr wohl bewusst, dass ich eine besondere Beziehung zu Jesus hatte. Leider hat Papst Gregor I. meinen Ruf nachhaltig zerstört. Er hat aus mir eine Sünderin gemacht, voller Laster, eine Prostituierte. Das sagt mehr über ihn aus, als über mich.“
Was ist aus den Träumen geworden?
Weil die einen, die Schülerinnen von St. Agnes, gerade erst begonnen haben zu träumen und die anderen, großenteils Frauen über 50, bereits auf gelebte oder nicht gelebte Träume zurückblicken können, wurden die Teilnehmerinnen der Frauenkirche anschließend, jede für sich, auf einen persönlichen Weg geschickt. Musikalisch begleitet vom Musik-Leistungskurs des Gymnasiums und Robert Schumanns „Träumerei“ und ausgerüstet mit einer geistlichen und süßen Wegzehrung verließen die Frauen allen Alters den Kirchhof. Hinein ins nahe gelegene Wohngebiet, zu einem Spaziergang über den gegenüberliegenden Pragfriedhof oder sie blieben vor Ort und verweilten in der Kirche St. Georg. Sie stellten sich den mitgenommenen Fragen wie: „Wovon hast Du geträumt, als Du jünger warst? Manche Träume bleiben unerfüllt. Du kannst sie dennoch lieb behalten. Was hilft Dir, versöhnt auf sie zu schauen? Sprichst Du mit Gott über Deine Träume?“
Junge und ältere Frauen reden über ihre Träume
Zurück auf dem Innenhof von St. Georg fanden sich kleine Gruppen zum Austausch über die gemachten Gedanken. Da lauschten die älteren Frauen den Worten der jüngeren, die von Freundschaft, Liebe, Familie und einer friedlichen Welt träumen oder dem richtigen Beruf, um frei und selbständig leben zu können. Und die Jüngeren erfuhren von der Zufriedenheit der Älteren, die manches Mal keine Träume hatten oder haben konnten; und dennoch dankbar waren, über gewählte Berufe und Berufungen oder dass sie einfach die Herausforderung Familie mit Höhen und Tiefen gemeistert hatten. Am Ende des Abends hatten alle zusammen den Segen Gottes erbeten für ihre zu gehenden Wege. Die dabei erhobenen Hände der mehr als 100 Frauen unterschiedlicher Generationen seien Zeichen, „dass wir durchlässig werden für Gottes Traum mit uns“, sagte die geistliche Beirätin des KDFB, Claudia Schmidt abschließend.
Frauenkirche to go als neues Format?
Die Reihe „Kirche anders, Frauenkirche“ in der Diözese Rottenburg-Stuttgart wurde 2010 ins Leben gerufen. Die Stuttgarter Frauenkirche gibt es regelmäßig seit 2015 in St. Georg. Nach diesem Vorbild wurde 2017 auch die Frauenkirche im ländlichen Raum initiiert und wird eigenständig von der Landfrauenvereinigung im KDFB in verschiedenen Regionen durchgeführt. Zum diesem Format gehören neben liturgischen Elementen und geistlichen Texten auch Musik und ein abschließendes Zusammensein mit Imbiss. Eine Fortführung des Formats „Frauenkirche to go“ wird überlegt. Die nächsten Termine der Frauenkirche finden Sie hier